Hansegravel // Tag 3

Morgens um 6 Uhr tragen wir unsere bepackten Räder aus der Pension. In Regenklamotten rollen wir zum Bäcker. Dort gibt es Kaffee und Nussecken – während wir uns die Samstagsfrühaufsteher*innen anschauen.

Gut gestärkt geht es dann entlang der Ryk nach Wiek. Letzten Sommer bin ich hier noch mit Tringa entlanggeschippert. Gleich mehrmals mussten wir (aufgrund eines gerissenen Segels) durch die hübsche manuell zu öffnende Klappbrücke in Wiek. Ab der Klappbrücke, die wir leider nicht überfahren müssen, geht es dann ohne Regen an der Klosterruine Eldena auf Asphalt weiter.

Nach zwei Stunden erreichen wir Wollgast. Auch hier waren wir mit Tringa im letzjährigen Segelsommer. Hier kann ich Aaron von einer unschönen Begegnung mit einem Kriegsschiff, dass dort für Saudis auf Probefahrt durch die blaue Klappenbrücke rauschte… Jetzt wurden wir etwas versöhnt – eine ältere Dame wünschte uns etwas perplex „noch einen schönen Urlaub“.

Auf Usedom wurde es mir deutlich zu kalt. Die Regensachen sind mittlerweile weggepackt, aber die Beinline müssen nun an die Beine. Es windet recht ordentlich und es ist grau grau grau.

Am 50. Tageskilometer erreichen wir die offene Ostsee. Nun geht es lange lange gerade aus. Was wir vorher nicht wussten: Usedom ist ziemlich hügelig. Und es ist ein großes Wanderevent im Gange. Knapp 400 Teilnehmende wandern insgesamt 50 Kilometer auf der Insel – und so ziemlich alle müssen wir überholen. Mit freundlichem Rufen versuchen wir möglichst Kollisionsarm zu überholen.

In Ahlbeck (80 Kilometer) geht es dann ins Binnenland der Insel. Hier warten nochmal richtige Steigungen auf uns. Ziemlich einsam kurbeln wir uns hoch und rauschen durch Laubwald (immerhin Asphalt) wieder hinunter. Erst als wir die Stadt Usedom auf der gleichnamigen Insel erreichen erblicken wir die ersten Hansegravelers des Tages.

Nachdem wir uns entlang des Boddens geruckelt haben, treffen wir den Münsteraner und seinen Gespannpartner (ein sehr schönes schwarzes Sofa Rad) wieder. Die beiden kommen wie gerufen, motivieren sie uns doch nach nun guten 100 Kilometern wieder ordentlich in die Pedale zu treten, sodass wir gemeinsam die Hansestadt Anklam erreichen.

In Anklam werden wir von einem gut gefüllten Marktplatz empfangen. Immer mehr polnische Radgruppen erreichen den Marktplatz. Das Problem dabei für uns: Sie kapern den kleinen Italiener, den wir uns eigentlich für unsere Kalorienaufnahme ausgeguckt hatten. Die Besitzer reagieren auf den Anstrum so dermaßen unfreundlich, dass wir lieber Pommes zwei Straßen weiter essen.

Hier kommt ein uns gut bekannter Hansegravelers in den Imbiss: Der Regen-Graveler. Nachdem wir die megasüße Fanta ausgetrunken haben, folgen wir ihm aus Anklam heraus. Hier geht es durch superplattes Land auf löchrigen Plattenwegen. Links und rechts ist immer mal wieder Weide, Wasser und Bäumchen – auch Vögel gibt es einiges zu beobachten.

Ueckermünde erreichen wir nach 170 Kilometern. Unser Münster-Gespann grüßen wir freundlich und halten dann nach wenigen Metern bei einem Fischbrötchenkutter. Jugendliche Drum&Bass Tanzende versüßen uns das dieses Mahl, welches uns nochmal richtig Energie gab! Nun rauschten wir über viel Asphalt Richtung polnische Grenze. Diese Ecke scheint bei Radurlaubern sehr beliebt zu sein. Viele Bett&Bike Angebote, sowie sehr guter asphaltierter Bodenbelag.

Nach dem einzigen Platten dieser Tour ging es dann durch Blankensee mit dem Münsteraner und seinem Kumpel. Kurz dahinter erreichten wir gemeinsam bei untergehender Sonne die deutschpolnische Grenze. Wir machten gegenseitig die obligatorischen Fotos und rollten dann zu zweit durchs dunkle Polen. Frank und Ollie (endlich hatten wir mal Namen ausgetauscht) wollten auf deutscher Seite einen Campingplatz aufsuchen.

Erst noch auf Autostraßen, später dann durch einen Park, radelten wir nach Stettin hinein. Nach dem Umkurven einer Großbaustelle erreichten wir die Innenstadt. Hier erkannte ich gleich ein paar Dinge aus meiner Riga-Tour (alleine von Braunschweig bis Riga vor ein paar Jahren) wieder.

Nach 235 Kilometern umarmten Aaron und ich uns herzlich. Dann schoben wir unsere Räder in die Lobby des Novohotels. Hier setzten wir uns zu zwei Hansegravelern, die ziemlich viel zu erzählen hatten. Wir waren deutlich überfordert mit allem. Mit dem erreichen des Ziels, mit der Umgebung und mit den beiden lustigen und mitteilungsfreudigen Hansegravellern. Erst mit einem Burger und einem kleinen Zielbier tauten wir auf – konnten bei den Gesprächen mithalten.

Schon vorher diskutierten wir ob wir im Hotel bleiben wollten oder doch lieber draußen schlafen wollten. Da wir immerhin so viel Kram füs Übernachten mitgeschleppt hatten und es ja aber erst einmal benutzt hatten, einigten wir uns darauf uns doch nochmal auf das Rad zu setzen.

Also kurbelten wir über leere und recht dunkle Straßen sowie Radwege, die mal sehr gut ausgebaut waren und manchmal abrupt endeten. Nach 17:30 Stunden verließen wir dann Polen wieder. Einen hübschen Berg hinunter zur Oder und dann entlang eines Radweges nach Gartz (Oder). Dort halten wir die Augen offen nach einer ansprechenden Übernachtungsmöglichkeit. Wir fahren mittlerweile sehr langsam und uns wird dadurch recht kalt. Ich durchsuche meine Kartenapps und finde einen Aussichtsturm, der in Betracht kommt. Er liegt am Ortsausgang und ist somit unsere „letzte Chance“.

Nach 268 Kilometern fast ununterbrochen im Sattel erreichen wir einen zweistöckigen Kranich-Aussichtsturm. Schnell bauen wir unser Nachtlager und sind ziemlich schnell eingeschlafen.

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